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Jung und bestens ausgebildet

Durch die Krise in der Medienbranche sind die Jobs rarer geworden.Wichtig deshalb, mit besonderen Qualifikationen seine Chancen zu erhöhen

Von Yvonne Scheller

Kirch-Pleite, Werbeflaute, Konzentration in der Zeitungsbranche - bei diesen Schlagzeilen fürchten Medientätige zunehmend um ihre Jobs. Doch manches deutet darauf hin, dass die Talsohle bald durchschritten ist - auch wenn Dietmar Niedziella, Referent für technische und Medienberufe beim DIHK, fast ein wenig zu optimistisch klingt, wenn er sagt: "Die Branche boomt." Jungen Leuten rät er jedenfalls zu einer Ausbildung im Medienfach.

Mit Letzterem hat er Recht, denn Bewerber ohne fundierte Ausbildung haben es zurzeit schwer. Jutta Breyer, Projektmitarbeiterin im Service Digitale Arbeit des Bildungswerks Medien e.V., empfiehlt: "Studienabbrecher, die als Seiteneinsteiger tätig waren und nun entlassen wurden, sollten zurück an die Universität, statt untätig auf bessere Zeiten zu warten. In Bereichen wie Webdesign und IT erwarten Arbeitgeber heute klare Qualifikationen." Und dem Screen-Design, einem besonders beliebten Berufsfeld während der Boomphase, räumt sie augenblicklich kaum Chancen ein: "Der Markt an Screen-Designern ist erst mal gesättigt."

Schlechte Zeiten also für Quereinsteiger. Anne Schulz von aim, dem KoordinationsCentrum für Ausbildung in Medienberufen, betont: "Die Karriere vom Kabelträger zum Regisseur, die früher einmal möglich gewesen ist, wird immer seltener und schwieriger." Das bestätigt auch Personalleiter Günter Gutsche, von der Studio Babelsberg GmbH. "Quereinsteiger stellen wir zurzeit nicht ein, und generell gilt: Je besser die Ausbildung, je mehr Qualifikationen, desto größer die Chance auf einen Job."

 

Wer nun also auf Weiterbildung setzt, etwa durch ein Studium der Medieninformatik, der Mediengestaltung oder an einer Filmhochschule, sollte unbedingt den Kontakt zur Berufswelt halten. Etwa durch Praktika. Zwar sind Praktikumsplätze schwer zu bekommen, wie auch Claudia Wüst, Aus- und Fortbildungsleiterin bei Studio Hamburg, Deutschlands führendem Produktions- und Dienstleistungszentrum für Film und Fernsehen, betont: "Es gibt bei uns einige wenige Praktikumsplätze für technische Studenten, aber die Kapazitäten sind begrenzt." Doch die richtigen Leute zu kennen, kann karriereentscheidend sein. Wie wichtig Kontakte gerade in Krisenzeiten sind, weiß Kirstin Schmidt, Geschäftsführerin vom Förderkreis Multimedia in Hamburg, einem der größten Branchennetzwerke seiner Art in Deutschland: "In schlechten Zeiten rücken die Firmen zusammen. Der Informationsfluss ist unheimlich wichtig, um den Anschluss nicht zu verlieren." Zu diesem Zweck hat sich der Förderkreis Multimedia mit der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Arbeit und der Hamburger Wirtschaftsförderung zu einem Public Private Partnership zusammengeschlossen: "Hamburg@Work". Die Taktik scheint aufzugehen. "Seit dem Frühjahr gibt es so viele Neugründungen und Anfragen nach Fördermöglichkeiten für Firmengründungen, dass wir inzwischen wieder den Mitgliederstand erreicht haben, den wir vor der Insolvenzschwämme im letzten Jahr hatten."

Also endlich Licht am Ende des Tunnels? Auch Schulz gibt sich optimistisch: "Der Einsatz von Medien weitet sich aus. Den typischen Werbefilm im Fernsehen und Kino kennt jeder, aber zunehmend wird der Imagefilm wichtig. Während die Firmen früher eine Unternehmensbroschüre herausgaben, werden jetzt hochwertig produzierte Filme hergestellt. Dafür braucht man qualifizierte Mitarbeiter."

 

Und Anne Eckert-Münch, Pressesprecherin von MediaPark Köln und damit im direkten Kontakt mit 250 Unternehmen im Medienumfeld, ist sicher: "Die Medienbranche bleibt in einem gewissen Rahmen ein Wachstumsmarkt, weil wir, was technische Innovationen angeht, noch längst nicht am Ende der Fahnenstange angelangt sind. Nehmen sie Premiere: Kirch ist vielleicht am Ende, doch die Idee des Pay-TV wird sicher in der einen oder anderen Art bestehen bleiben."

Eins zumindest ist sicher: Die Branche ist im Umbruch. "Die Arbeitsfelder verändern sich schnell", betont Schulz. Ihr Rat deshalb: Nicht zu sehr spezialisieren. So müssen etwa Printjournalisten inzwischen auch online denken. Das stellt auch Kathlen Eggerling fest, Projektmanagerin bei Connexx, der Interessenvertretung von IT- und Medienberufen: "Wurden in den vergangenen Jahren verstärkt Online-Redaktionen aufgebaut, werden diese nun wieder abgebaut und die Printredakteure bearbeiten diesen Bereich mit."

Bis zum von allen heiß ersehnten Aufschwung in der Medienbranche sollten sich Jobsuchende eine breit gefächerte, aber fundierte Ausbildung aneignen, möglichst viel Berufserfahrung sammeln, keine zu hohen finanziellen Ansprüche stellen ("Die Gehälter regulieren sich zurzeit stark und orientieren sich wieder mehr an der Realität") und nicht zu alt sein: "Die Medienbranche sucht sich gern junge Leute. Die Schallgrenze liegt etwa bei 40 Jahren, wobei dies stark von der Qualifikation abhängt", so Jutta Breyer. "Wünschenswert ist natürlich eine andere Tendenz", sagt sie, "und auch die Unternehmen merken langsam, dass der Wissensschatz und die Erfahrung der Älteren nicht zu unterschätzen sind."

 

Die Welt, 14. 07. 2002